140 Jahre Kameradschaft Wien Süd - Inzersdorf
Anfang des Jahres 1874 fanden sich drei alte Soldaten, Thomas FRIEDREICH, Johann GRUNDLER und Franz JANDL um in Inzersdorf am Wienerberg einen Militärveteranen Verein zu gründen.
Die Gründer des Vereins
Der Gemeindearzt Dr. Hans REISIMA arbeitete die Statuten aus und wurde auch der erste Obmann des 20 Mann starken Vereins. Der Verein konstituierte sich am 29. Juni 1874 unter dem Namen „Militär-Veteranen-Verein Kronprinz Rudolf” zu Inzersdorf am Wiener- berg und Umgebung. Das Protektorat über den Verein übernahm Kronprinz Erzherzog Rudolf (1858-1889). Obmann Dr. Reisima stand dem Verein bis zum Jahre 1877 vor, worauf ihm bis 1880 Alois von GASTGEB in der Vereinsleitung folgte. Unter seiner Führung bekam der Verein im Jahre 1878 die erste Fahne. Die Fahnenweihe mit der Fahnenmutter Erzherzogin Marie Valerie (1868-1924) fand 1887 statt. Obmänner von 1880 - 1899 SAUERLER Franz 1880 - 1887 WINKLER Florian 1887 - 1895 KUBA Mathias 1895 - 1898 BUCHMANN Ferdinand 1898 - 1899 welche bestrebt waren, das Ansehen und die Mitgliederzahl zu heben. Unter Obmann Franz KADLEC (1899 - 1906) feierte der Verein im Jahre 1899 mit einer Stärke von 79 Mitgliedern sein 25 jähriges Gründungsfest und Dr. Hans Reisima wurde zum Ehrenobmann ernannt. Wegen Übersiedlung von Obmann Kadlec übernahm Viktor HADERER seine Funktion, welcher den Verein von 1906 - 1921 leitete. Unter Obmann Haderer trat der Verein in die Bezirks-und Bundesleitung ein und erreichte seine größte Friedensstärke von 143 Mann, welche sich aber während des 1. Weltkrieges auf 32 Mann verringerte und auch der Verein bereits vor seiner Auflösung stand. Beherzte Kameraden des Ausschusses wußten aber die Auflösung durch tatkräftige Mit- arbeit und Einbringung Materieller und finanzieller Opfer zu verhindern und halfen so die Kriegszeit des Vereines zu überwinden. Ein neuerlicher und schwerer Schlag war für den Verein der Zusammenbruch der Monarchie und die politischen Wirren der ersten Nachkriegs- jahre. Aber auch diesmal vereitelten die selben alten Ausschußmitglieder und Kameraden den Zerfall und erreichten mit ihrer unermüdlichen Werbearbeit und beispiellosen Zusammenhalten, daß der Verein Ende 1920 seine Friedensstärke überschreiten konnte.
Im Jahre 1921 übernahm Franz KOHLBÖCK die Führung und der Verein änderte seinen Namen auf „Kameradschaftsverein ehemaliger Krieger” Inzersdorf bei Wien. Im Jahre 1922 übernahm Komm. Rat Ing. Franz BREITENECKER, Sachverständiger und Schatz- meister des Landesgericht Wien, das Protektorat über unseren Verein.
Das Denkmal für unsere gefallenen und vermissten Kameraden wurde im Jahre 1923 errichtet. Die Entstehung des Denkmales verdanken wie der großen Opferbereitschaft seitens der Bevölkerung, dem unermüdlichen Wirken von Obmann Kohlbeck, einen nam- haften Betrag des Vereines und der großen finanziellen Beihilfe von Protektor Ing. Breitenecker.
Protektor Stadtbaumeister Kommerzialrat Ing. Franz Breitenecker
Josef KOLBE wurde 1924 zum Obmann des Vereines gewählt und seine erste Aufgabe war die feierliche und würdige Durchführung des 50 jährigen Gründungsfestes, welches in dieses Jahr viel. Alle Ereignisse aufzuführen, fällt uns schwer und so begnügen wir zu er- wähnen, daß bei diesem Feste die alte Fahne aus dem Jahre 1878 von politischen Gegnern total vernichtet wurde. Das besondere Augenmerk von Obmann Kolbe war aber dahin ge- richtet, Beruhigung in die Reihen der Kameraden zu bringen und das durch die Inflation verlorene Vereinsvermögen wieder zu heben und die Gebarung neu zu organisieren. Die wohltuende Wirkung der Umstellung bei der Vereinsgebarung zeigte sich bereits im Jahre 1925, da damals die Leitung den Beschluss fassen konnte, alle verstorbenen Kameraden mit militärischen Ehren auf Vereinskosten zu bestatten und den Hinterbliebenen eine Abfertigung von 70 Schilling auszuzahlen. Im Jahre 1926 wurde von der Übergangskleidung (schwarzer Anzug mit Zylinder) abge- gangen und die Schützenuniform mit Ausseerhut und Adlerflaum eingeführt. Durch die großzügige Spende des Herrn Protektors Breitenecker wurde die Wieder- herstellung der beim 50 jährigen Gründungsfest vernichteten Vereinsfahne sowie die gleichmäßige Adjustierung der 20 Mann starken Vereinsmusik möglich gemacht. Auch die Verschönerung der Denkmalanlage durch Einfriedung mit Betonpfeilern und Eisen- ketten,sowie die Bepflanzung konnte im selben Jahr durchgeführt werden. Im Jahre 1928 brachte uns die Umänderung des Namens auf Kameradschaftsverein ehemaliger Krieger „Kommerzialrat Franz Breitenecker” Inzersdorf bei Wien, was im Jahre 1930 durch den Vereinsschild sichtbar zum Ausdruck kam. Im Jahre 1931 wurde Obmann Kolbe ob seiner Verdienste um die Kameradschaft zum Bezirksobmann und im Jahre 1932 zum Gruppenleiterstellvertreter vom Kriegerlandbund für Niederösterreich bestellt. Ebenso ernannten ihn die Wiener Brüdervereine „Erzherzog Karl” , „Pillippovic” und „Krieghammer” zu ihren Ehrenmitgliedern. Unserem Verein zu Ehren erwähnen wir, daß wir uns in den Jahren nach dem Kriege an zahlreichen Ausrückungen beteiligten, bei der Gründung neuer Kameradschaftsverbände und Unterstützung schwacher und notleidender Ortsgruppen nach besten Kräften mit- wirkten und im Jahre 1933 eine Jugendgruppe gründeten, deren Mitgliederzahl derzeit 27 Mann beträgt. Zum 60 Jährigen Gründungsfest am 27. Mai 1934 wurde durch die großzügige Unterstüt- zung unseres Protektors Franz Breitenecker ein neue Fahne geweiht. in Anerkennung und Würdigung ernannten die Wiener Brüdervereine „Erzherzog Karl” , „Pillippovic” und „Krieghammer” unseren Protektor zu ihrem Ehrenmitglied. Abschließend wollen wir noch besonders festhalten, das sich der Verein in Inzersdorf und in der ganzen Umgebung einen wohlklingenden Namen aller schuf und der Mitgliederstand unter eifriger Mitarbeit aller Kameraden auf 357 Mann stieg.
Am 24.05.1936 wurde bei einer Feier am Kirchenplatz unter dem Ehrenschutz von Herrn Bürgermeister Karl Mittermann das Handschreiben über das Ehrenprotektorat S k.k. H Erzherzog DDr. Otto von Habsburg über den Kriegerverein an Obmann Josef Kolbe durch Erzherzog Eugen überreicht.
S k.k. H Erzherzog DDr. Otto von Habsburg Ehrenprotektor von 1936 - 2011
Nach dem Einmarsch deutscher Truppen bzw. dem Anschluss Österreich an das Deutsche Reich im Jahre 1938 wurde der Verein als „Reichskriegsbund” (Kyffhäuser- bund) weitergeführt . Nach Beendigung des Krieges 1939 - 1945 und der Besatzungszeit im Jahre 1955 durch die Besatzungsmächte Amerika, England, Frankreich und Russland war jede Be- tätigung im Verein verboten. Ganz besonders schwer war es in der russischen Zone in der wir uns befanden. Das ganze Inventar, die Fahne , das Barvermögen und Requisiten wurden beschlagnahmt. Protokoll Unterlagen wurden leider vor dem Ein- treffen der Besatzungsmacht vernichtet. Erst nach der Unterzeichnung des Saatsvertrages durch die Siegermächte und Öster- reich und den Abzug der Besatzungsmächte aus unserem Vaterland war es möglich an eine Neugründung der Kameradschaft zu denken. Unsere Kameradschaft wurde 1956 durch folgende Mitglieder neu gegründet: Obmann Eduard KRANZL, Protektor Josef WAGENHOFER, Rudolf NEUWIRTH, Karl CUBA, Max BERTHOLD, Johann ACKER- MANN und weiteren Mitgliedern. Mit den wenigen Kameraden welche sehr ehrgeizig die Werbetrommel rührten brachte es der Verein in kurzer Zeit zu einer Stärke von 214 Mitglieder.
Iniziator der Wiedergründung 1956: Obmann Eduard KRANZL
1957 wurde der Kameradschaft durch Kamerad Müßigang vom LV Wien eine Fahne geschenkt, diese wurde restauriert und unter großer Anteilnahme der Bevölkerung am 04. August 1957 von Pfarrer Alois Deutsch geweiht. 12 Kameradschaften aus Wien und Umgebung nahmen mit ihre Fahnen daran teil. Der Präsident des ÖKB Ing. Otto Jaus hielt die Festansprache.
Festzug zur Fahnenweihe 1957
Unsere neue Fahne 1957
Unsere neue Fahne 1957
In den darauffolgenden Jahren rege Vereinstätigkeit und Ausrückungen in Wien und in den angrenzenden Bundesländern. Zum 95 jährigen Gründungsfest im Juli 1969 mit Feldmesse am Inzersdorfer Kirchenplatz waren leider nur 7 auswärtige Verbände anwesend. Am 29.01.1970 legt Eduard Kranzl krankheitshalber seine Stelle zurück und Johann ACKERMANN übernimmt bis zur Generalversammlung die Stelle als geschäfts- führender Obmann. Bei der Generalversammlung am 15.März 1970 wied Johann Ackermann zum Obmann gewählt. Eine Jung - Kameradschaft wird aus den Mitgliedern unter dem 30. Lebensjahr aufgestellt und zum Kameradenführer wird Mathias Schuster ernannt. Im selben Jahr kam es zu einer Änderung des Vereinsnamens von „Kommerzialrat Franz Breitenecker” zu „ Kameradschaft Wien - Inzersdorf”. Bei der Generalversammlung am 21.03.1971 werden Protektor Josef Wagenhofer zum Ehrenmitglied und Eduard Kranzl zum Ehrenobmann ernannt. Die Kameradschaft Wien - Inzersdorf feierte am 30.06.1974 ihr 100 Jähriges Gründungsfest. Es marschierten drei Marschblöcke mit 28 Fahnenabordnungen im Sternmarsch zum Festplatz am Inzersdorfer Kirchenplatz, wo Festobmann Josef WEBER die auswärtigen Verbände und die Kameraden begrüßte. Nach der Feldmesse zelebriert von Kons.-Rat Dechant Franz Hawranek und der Segnung der neuen Gedenktafeln beim Denkmal, folgten die Festreden vom Wiener MilKdt. General Schrems, ÖKB Präsident Dipl.-Ing. Otto Jaus und LV Wien Präsident Franz Oberbauer, der offizielle Teil wurde mit der Übergabe der Erinnerungsbänder und dem Abspielen der Bundeshymmne beendet. Am 18. November 1976 gibt Obmann Johann Ackermann seinen Rücktritt aus gesund- heitlichen Gründen bekannt, und bei der Generalversammlung am 13. Februar 1977 wird Josef WEBER zum neuen Obmann gewählt.
Josef WEBER - Obmann von 1977 - 1985
Im Zuge der Eingliederung von sieben niederösterreichischen Gemeinden in die Bundeshauptstadt Wien als 23. Wiener Gemeindebezirk sind viele Vereine von boden- ständiger Tradition verschwunden. Der Kameradschaftsbund hat sich der neuen Struktur angepasst, da die Kameradschaft keine Landesgrenzen kennt. So wurde der Vereinsname bei der Generalversammlung am 11. Februar 1978 unter Obmann Josef Weber auf „Kameradschaft Wien Süd - Inzersdorf” geändert und mit einer Satuten- änderung können auch Frauen als Mitglieder der Kameradschaft beitreten. Bei der Generalversammlung am 17.02.1979 wird Protektor Josef Wagenhofer zum Ehrenprotektor und Ehrenmitglied Josef Riegler zum Protektor ernennt. Dank der großzügigen Spenden von Protektor Josef Riegler wird eine neue Vereinsfahne angeschafft.
Protektor Josef RIEGLER, Spender der neuen Vereinsfahne
Unser 105 Jähriges Bestandsjubiläum fand am 26. & 27. Mai 1979 mit einer Feld- messe vor der Pfarrkirche St. Nikolaus statt wobei unsere neue Vereinsfahne durch Kons.-Rat Dechant Franz HAWRANEK feierlich geweiht wurde. Die neue Vereinsfahne soll ein mahnendes Gedenken an die Opfer der beiden Weltkriege sein und aller Mitglieder gedenken die nicht mehr unter uns weilen, aber seinerzeit mit dem gleichen Zielen unter der alten Fahne marschiert sind. Wer von uns noch unter der neuen Vereinsfahne ins nächste Jahrtausend maschieren wird, wissen wir nicht, doch hoffen wir, daß sie von jungen Kameraden weitergetragen wird, zur ewigen Friedensmahnung für unsere Heimat sagte Obmann Josef Weber in seiner Festrede.
Weihe der neuen Vereinsfahne durch Kons.-Rat Dechant Franz Hawranek
Die neue geweihte Vereinsfahne
Kameraden in neuer Schützenuniform mit Ausseerhut 1926